21 Jul

Für Derbe und Prinzen

Vicia faba heißt sie auf botanisch, gehört zur Gattung der Wicken (Vicia), zur Unterfamilie der Schmetterlingsblütler innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler (Leguminosen). Sie hat viele Spitznamen: Ackerbohne, Saubohne, Säubohne, Schweinsbohne, Favabohne, Dicke Bohne, Große Bohne, Pferdebohne, Viehbohne, Faberbohne, Puffbohne. Die einjährige krautige Pflanze erreicht Höhen von bis zu zwei Metern. Ihre bis zu einem Meter tiefgehende Pfahlwurzel ist im oberen Bereich stark verzweigt, ihr aufrechter, unverzweigter Stängel vierkantig, hohl und kahl. Die paarig gefiederten Laubblätter besitzen meist zwei bis drei Paare Fiederblättchen und eine grannenartige Spitze ohne Ranke. Die breiten und ovalen Fiederblättchen sind drei bis zehn Zentimeter lang, ein bis vier Zentimeter breit, blaugrün, etwas fleischig und unbehaart. Die großen Nebenblätter sind zehn bis 17 Millimeter lang und besitzen oft violettbraune Nektardrüsen. Die Blütezeit reicht von Mai bis Juni. Ein bis sechs Blüten stehen dann an kurzen Stielen in den Blattachseln. Die relativ großen, duftenden Blüten bestehen aus zwei spiegelgleichen Hälften, die fünf Kelchblätter sind zu einer Röhre verwachsen; die fünf Kronblätter sind weiß oder rot. Die Flügel tragen jeweils einem dunkel-purpurfarbenen Flecken. Dieses dunkle Mal wird durch Anthophäin aus der bei Pflanzen sonst seltenen Farbstoffgruppe der Melanine hervorgerufen. Während der Dämmerung schließt sich die Fahne um die anderen Blütenteile und hüllt sie während der Nacht ein. Der fast rechtwinklig gebogene Griffel ist oben flaumig und an den Seiten bärtig behaart; er endet mit einer zweiteiligen Narbe. Neun der zehn Staubblätter sind zu einer Röhre verwachsen. Die abstehenden, acht bis 20 Zentimeter langen und ein bis drei Zentimeter dicken Hülsenfrüchte sind anfangs grünlich bei Vollreife braun bis schwarz und enthalten zwei bis sechs Samen. Je nach Sorte sind die glatten Samen verschieden geformt, ein bis 2,5 Zentimeter lang, und 4,5 bis neun Millimeter dick. Die Farben der Samen reichen von hell rötlich-braun bis hell bis dunkel grünlich-braun oder hell bis dunkel purpurfarben, oft mit Flecken oder Punkten in ähnlichen oder stärker abweichenden Farben. Die Dicke Bohne ist ein einjähriger Therophyt. Diese Bezeichnung kommt vom altgriechischen Wort für Sommer, Sommerhitze, Wärme und steht für krautige Pflanzen (Pflanzen, die nicht verholzen) von kurzer Lebensdauer, die eine ungünstige Jahreszeit (Winter oder Trockenzeit) als Samen im Boden überdauern. Die Samen sind aufgrund ihres sehr niedrigen Wassergehaltes sehr kälteresistent. An der Haupt- und den Seitenwurzeln bilden sich zahlreiche Wurzelknöllchen (Rhizobien) mit dem stickstoffbindenden Bakterium Rhizobium leguminosarum aus, das mit der Bohnenpflanze in Symbiose lebt. Das Wort Symbiose besteht aus den altgriechischen Begriffen für zusammen und Leben und bezeichnet die Vergesellschaftung von Individuen zweier unterschiedlicher Arten, die für beide Partner vorteilhaft ist. Die „Mitbewohner“ der Dicken Bohnen sind Knöllchenbakterien, sogenannte Rhizobien (von griechisch rhiza = Wurzel plus bios = Leben), häufige und verbreitete Bodenbakterien. Ihre besondere Bedeutung liegt in ihrer Fähigkeit, mit Pflanzen aus der Familie der Hülsenfrüchtler eine Symbiose einzugehen. Diese Lebensgemeinschaft ist sehr eng und führt bei den Rhizobien zu umfassenden morphologischen und physiologischen Veränderungen, bei den Pflanzen zur Ausbildung spezieller Organe. Rhizobien besitzen die Fähigkeit, elementaren, molekularen Stickstoff zu binden, indem sie ihn zu Ammoniak (NH3) bzw. Ammonium (NH4+) reduzieren und damit biologisch verfügbar machen. Dies ist ihnen jedoch nur in der Symbiose mit Pflanzen möglich. Unter natürlichen Bedingungen können weder Leguminosen noch Rhizobien allein molekularen Stickstoff fixieren. Diese Symbiose ist von großer sowohl biologischer als auch wirtschaftlicher Bedeutung. Die Ackerbohne benötigt einen Standort, an dem ihr hoher Wasserbedarf entweder durch tiefgründigen Boden mit hohem Wasserhaltevermögen oder durch einen hohen Grundwasserstand, gleichmäßige Niederschläge bzw. künstliche Bewässerung gedeckt werden kann. Sie wird daher oft in Marschland und auf schwerem Lehm angebaut, wie beispielsweise von der Solidarischen Landwirtschaft Vierlande. Da sie nicht frostempfindlich ist, kann die Ackerbohne in Gebieten angebaut werden, die für andere Bohnen nicht geeignet sind. Die Bohnen brauchen zur Entwicklung einen Vernalisationsreiz: Das Wort stammt vom lateinischen „vernalis“ für Frühling und bezeichnet die natürliche Anregung zur Bildung von Trieben und Blüten durch eine längere Kälteperiode im Winter. Und sie verfügen über eine gute Resistenz gegen Frost. Die Aussaat der bereits bei Bodentemperaturen von zwei bis drei Grad keimenden Bohnensamen kann bei offenem (frostfreiem) Boden bereits im Februar stattfinden, sie erfolgt zwecks besserer und tieferer Bewurzelung und höherer Standfestigkeit recht tief mit einer Saattiefe zwischen sechs und zehn Zentimeter, die Ernte erfolgt dann ab Juni. All diese Informationen entnehme ich Wikipedia und meinen Erinnerungen an die Vorlesung „Angewandte Botanik“ und bedanke mich für beides.

Frühe Formen der „Dicken Bohne“ waren nicht sehr dick. Diese kleineren Samen wurden erstmals in archäologischen Ausgrabungen in einer Steinzeitsiedlung bei Nazaret in Israel gefunden, die zwischen 6800 v. Chr. und 6500 v. Chr., eventuell auch um 6000 v. Chr. datiert ist. Es ist nicht klar, ob es sich bei diesen Samen um gesammelte Wildsamen oder angebaute Bohnen handelt. Seit dem 3. vorchristlichen Jahrtausend findet sich die Dicke Bohne in vielen Ausgrabungen im Mittelmeerraum. Seitdem hat sie sich bis nach Mitteleuropa ausgebreitet. In den ersten Jahrhunderten nach Christus entwickelte sich ein Anbauschwerpunkt an der Nordseeküste, weil sie als einzige Hülsenfrucht auf salzigen Böden in Küstennähe gedeiht. Neben anderen Hülsenfrüchten (Linse, Erbse) stellte sie die Versorgung der Menschen mit Proteinen sicher. Dicke Bohnen enthalten etwa 25 bis 30 Prozent Protein, ein bis zwei Prozent Fett, 40 bis 50 Prozent Kohlenhydrate, daneben Ballaststoffe und Wasser. Im Mittelalter waren sie, meist nur bone genannt, eines der wichtigsten Nahrungsmittel, auch bedingt durch die hohen Erträge. In dieser Zeit tauchte erstmals die großsamige Varietät auf, die heute verbreitet ist. Seit dem 17. Jahrhundert ging der Anbau in Europa zurück. Die aus Amerika eingeführte Gartenbohne und die Feuerbohne wurden zur menschlichen Ernährung vorgezogen, die Dicke Bohne diente hauptsächlich als Viehfutter. Verfüttert werden sowohl die Samen als auch der ganze Spross. Die Samen können sowohl frisch als auch getrocknet verwendet werden, getrocknet sind sie ohne weitere Konservierung lagerfähig. Im arabischen Raum werden unter anderem Falafeln und Ful aus Dicken Bohnen zubereitet. In Westfalen und im Rheinland werden Dicke Bohnen mit Speck heute noch gerne genossen und in Norddeutschland sind sie wieder voll im Kommen.

Dicke Bohnen gelten als derb und deftig, hier kommt der Trick für Prinzen und Prinzessinnen auf der Bohne: Feinsinnige schnippen die ausgepalten gegarten Bohnenkerne aus der weißen Haut. Heraus kommen leuchtend grüne, zarte, kleine Kerne, ein Gedicht in Petersiliensahne oder einfach nur in Butter geschwenkt.

Für uns Stadtgärtner*innen vom KulturEnergieBunkerAltonaProjekt und unsere Nachbarn darf es bei den Kochaktionen im Freien gerne etwas mehr sein: 20 Handfeste lösen 7,5 Kilo Dicke Bohnen (natürlich gemeinsam:)) – aus der Hülse und garen sie zusammen mit möglichst viel Bohnenkraut zugedeckt 20 – 25 Minuten. Dann lassen sie je nach Geschmack Butter schmelzen oder erwärmen etwas Öl, lassen Mehl darin goldgelb anschwitzen, löschen mit einem guten Liter Kochsud und einem guten Liter Milch ab, würzen mit Salz und Pfeffer, lassen die Sauce zehn Minuten leise köcheln; lassen dann die Bohnenkerne abtropfen, geben sie in die Bechamelsauce und vermengen das Ganze mit fünf Bund gehackter Petersilie. Dazu schmecken mehlige Kartoffeln – insgesamt ein sommerlich-saisonales samt regionales sowie deftiges und kostengünstiges vegetarisches Vergnügen (Fleischesser hauen sich dazu ein Kotelett aus artgerechter biologischer Haltung auf Deich oder Salzwiese in die Pfanne).

Zwölf Derbe lösen drei Kilo Dicke Bohnen aus der Hülse und garen sie in Salzwasser zugedeckt 20 bis 25 Minuten; schälen derweil drei Pfund Wurzeln (Möhren) und schneiden sie in einen Zentimeter dicke Scheiben; pellen drei mittelgroße Zwiebeln, würfeln sie fein und dünsten sie in 150 Gramm Butter glasig; wenden dann die Wurzeln (Möhren) darin, schmecken mit Salz, Pfeffer und Zucker ab, begießen mit wenig Wasser und garen das Gemüse zugedeckt bei milder Hitze zehn Minuten. Zu guter Letzt mischen sie die Bohnenkerne drunter und servieren sich „Dicke Bohnen mit Wurzeln“, auch ein preiswertes, traditionelles norddeutsches Gericht.

 

Vier Vegetarier enthülsen zweieinhalb Kilo Dicke Bohnen, erhitzen 40 Gramm Butter oder Margarine, dünsten die Bohnen darin an, streuen Salz drüber, gießen maximal einen Viertelliter Wasser an, lassen kurz ankochen, dünsten 15 – 20 Minuten und lassen die Bohnen 5 – 10 Minuten in der Nachwärme fertiggaren, nehmen das Bohnenkraut heraus und bestreuen das Ergebnis mit zerkleinerter Petersilie.